Interview Björn Karachouli

Interview mit Björn Karachouli
Nach über 20 Jahren treuem Dienst im Gemeindebüro legt Björn Karachouli seine Arbeit nieder. Für viele kommt das sicherlich überraschend. Beate Kortung traf ihn, um ihn nach seiner Motivation, seinen Rückblicken und Zukunftsplänen zu fragen.
Beate: Lieber Björn, was hat Dich zu diesem Schritt bewogen?
Björn: Bei mir gab es im letzten Jahr privat „kleinere“ Veränderungen. Das war für mich auch der Auslöser dafür, in meinem Leben ein paar Modifikationen vorzunehmen. Das ist der eigentliche Grund. Ich merke aber auch, dass ich älter geworden bin. Als ich hier angefangen habe, war ich keine 30 Jahre alt. Mir fehlt einfach die Power, so weiterzumachen. Nicht unbedingt körperlich, sondern für mich ist ein Punkt gekommen, an dem ich beschlossen habe, noch mal ganz neu durchzustarten. Ganz ohne Frust oder Ärger. Ich möchte für mich noch mal was Neues erreichen.
Weißt Du denn schon, was Dich danach erwartet?
Ja, ich mache mich selbstständig als Physiotherapeut. Darin habe ich ein Fachhochschuldiplom und einige Zusatzqualifikationen. Alles, was ich brauche, um auch erfolgreich zu sein. Die letzten zwei Jahre habe ich nebenberuflich darin auch schon wieder gearbeitet und gemerkt: Das macht mir wirklich Freude. Vielleicht mache ich das bis zur Rente.
Was nimmst Du an schönen Erinnerungen von hier mit?
Ach, es gibt so viele schöne Erinnerungen. Die schönsten hatte ich aus den früheren Dienstberatungen, wo wir hier zu zehnt, zu zwölft saßen. Neben dem Dienstlichen haben wir viel miteinander gelacht und gestritten, aber mehr gelacht. Ich denke da an Werner, Jürgen und André, an Kerstin und Nici natürlich.
Ich sag mal, für mich sind das sehr ereignisreiche Jahre gewesen, auf die ich auch wirklich dankbar zurückblicke. Die vielen Begegnungen und viele gute Zeiten zu Seminaren und Veranstaltungen, früher wie heute. Also am schönsten waren für mich immer die Begegnungen mit Menschen. Einzelnes kann ich ad hoc gar nicht so erzählen. Wenn ich länger drüber nachdenke, gäbe es da sicherlich vieles. Mit Geschwistern wie mit »Nicht«-Geschwistern, die hier reingekommen sind und manch einer ist dann auch in der Andreasgemeinde angekommen.
Kannst Du sagen, was Du definitiv nicht vermissen wirst?
Das Gemeindearchiv und die Kompliziertheit unserer Landeskirche im Arbeitsprozess. Ich hätte mir an einigen Stellen gewünscht, dass es leichter geht. Es gibt einfach so Arbeiten, die mir persönlich einfach keinen Spaß gemacht haben.
Am allerwenigsten aber werde ich das Grauen und die Angst vor den täglichen elektrostatischen Entladungen mit Blitz und Knall vermissen [lacht]. Ich habe nie herausgefunden, woran es liegt, aber die letzten 5 Jahre vergingen nie ohne tägliche Stromschläge [lacht]. Vielleicht liegt es an meinen Schuhen oder meinem Pullover. Ich weiß es nicht. Aber ich freue mich sehr, dass das vorbei sein wird.
Was ich aber ganz sicher vermissen werde… Kommt die Frage noch?
Erzähl!
Ich werde auf jeden Fall die Vorbereitung des Haushaltsplans, das Angucken der Zahlen vermissen und dafür zu sorgen, dass am Ende der Haushalt stimmt und wir nicht mit einem Minus rausgehen. Das habe ich immer total gerne gemacht. Ich bleibe zwar in der »AG Bau und Finanzen«, aber ich kann da nicht mehr jeden Tag reinschauen, aber immerhin mir die Vorschläge der Haushaltspläne anschauen und mitentscheiden.
Und wahrscheinlich wird mir der tägliche Kontakt nach innen und nach außen schon etwas fehlen.
Eine Gabe von mir ist, dass ich sehr gerne seelsorgerlich arbeite. Wenn jemand hier ist und ich merke, da ist irgendwas, dann spreche ich die Leute meistens direkt darauf an und komme mit ihnen ins Gespräch. Ich bin sehr interessiert an den Menschen. Diese Gelegenheiten werden mir fehlen.
Du kannst ja in der Messehalle nach dem Gottesdienst eine Ecke gestalten: »Björns Trostspender«. Da kannst Du weiter Deiner Gabe frönen.
[Wir müssen beide herzlich lachen.] Gute Idee. Es geht ja auch nicht darum, sofort was zu verändern, sondern oft erst einmal einfach nur zuzuhören.
Was machst Du denn mit Deinem ganzen Wissen über die Prozesse, die Kontakte, die Abläufe. Ich kann mir vorstellen, da ist in den letzten zwei Jahrzehnten »ein bisschen was« zusammengekommen. Wie kann das an die nachfolgende Person übergeben werden?
Das verkaufe ich dann für viel Geld. [lacht aus vollem Halse]. Kleiner Scherz. Na ich gebe das natürlich weiter. Alles kann man wahrscheinlich nicht einfach weitergeben, das muss von meinem Nachfolger oder meiner Nachfolgerin ein Stück weit auch selbst erworben werden, damit man es besser versteht. Learning by doing – mit meiner Hilfe.
Ich bin ja auch nicht sofort weg. Ab April, so der Plan, mache ich mich selbstständig. Aber ich bin noch bis Ende September jeweils 12 Stunden in der Woche im Büro. Erst mal werde ich laufende Aufgaben weitermachen, bis jemand kommt. Und dann werde ich versuchen, eine bestmögliche Übergabe hinzubekommen: über alle Prozesse zu reden, alles zu zeigen und irgendwie in alles einzuführen.
Wirst Du denn der Gemeinde treu bleiben?
Na aber absolut. Die Andreasgemeinde ist meine geistliche Heimat. Hier habe ich zum Glauben gefunden, hier bin ich getauft. Hier habe ich gelacht und geweint, gedient und mir dienen lassen. Ich fühle mich wohl. Es ist alles gut. Ich trete nur eine Reihe weiter nach hinten.
Weißt Du, ich bin ja älter geworden und auch durch die Krisen, die ich in meinem Leben durchgemacht habe, ist es einfach nicht mehr wichtig, vorne zu stehen und gesehen zu werden. Ich nehme mich gerne zurück, aber ich bin da.
Gibt es noch etwas, was Du der Gemeinde sagen möchtest?
Veränderungen sind nicht das Ende. Das ist auch eine neue Erkenntnis für mich persönlich. Sondern der Anfang für etwas Neues.
Ich bin ja so ’n Typ: Ich habe Schwierigkeiten, mich neu anzupassen. Aber ich habe gelernt, bei Veränderungen erst mal abzuwarten und zu schauen, was Neues kommt.
Ich gehe im Frieden und mit ‘ner großen Freude im Herzen. Ich bin mit allem gut und freue mich auf den persönlichen Neubeginn, den ich jetzt auch brauche, um mich nicht mehr im Kreis zu drehen oder auf der Stelle zu treten. Und ich merke, wie Jesus das begleitet und segnet.
Und ich finde, es ist auch an der Zeit, dass hier ein neues Gesicht reinkommt. [grinst].
Danke, lieber Björn, dass Du uns an Deinen Gedanken und Einsichten hast teilnehmen lassen. Von ganzem Herzen wünschen wir Dir, dass Deine neue Unternehmung ein voller Erfolg wird!